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Wie Unternehmen sich jetzt auf den Digitalen Produktpass (DPP) vorbereiten

Der Digitale Produktpass (DPP) wird Pflicht – und zur Chance. Wer ihn richtig nutzt, gewinnt Transparenz, Nachhaltigkeit und Innovationskraft. Der DPP vernetzt Daten über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg und wird damit zum Schlüssel für neue Geschäftsmodelle und einen zuverlässigen Zugang zum EU-Markt. Helbling unterstützt Unternehmen aktiv dabei, den Moment zu nutzen, den Wandel aktiv zu gestalten und Wettbewerbsvorteile zu sichern.

Transformation zur Kreislaufwirtschaft mit dem DPP vorantreiben

Nur wer den DPP erfüllt, darf künftig seine Produkte in der EU verkaufen. Dabei ist der Digitale Produktpass (DPP) das Herzstück der EU-weiten Strategie für mehr Nachhaltigkeit im Rahmen des Green Deal und der Verordnung über Ökodesign für nachhaltige Produkte (ESPR): Bis 2030 soll er den Wandel hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft beschleunigen. Als digitale Akte begleitet er ein Produkt über seinen gesamten Lebenszyklus, von der Herstellung bis zur Wiederverwertung. Hersteller, Händler und Endkund:innen erhalten so Zugang zu zentralen Informationen wie CO2-Fussabdruck, Reparaturfähigkeit oder zu verwendeten Materialien. Damit wird der DPP zum Schlüssel für fundierte Entscheidungen und transparente Lieferketten. Zusätzlich helfen Vorschriften, unverkaufte Waren vor Vernichtung zu bewahren und tragen mit einer grünen öffentlichen Beschaffung zur Transformation bei.

Für die Schweizer Industrie ist der DPP sowohl durch den hohen Export-Anteil in den EU-Markt als auch durch die starke Integration in die europäischen Lieferketten äusserst relevant. Zudem ist sehr wahrscheinlich, dass zentrale Elemente des DPP auch in der Schweiz umgesetzt oder vorausgesetzt werden, etwa im Rahmen bilateraler Abkommen oder durch freiwillige Marktstandards.

Abbildung 1: Die zukünftige Kreislaufwirtschaft soll die hier grün eingefärbten Prozesse fördern und diejenigen in Orange so weit wie möglich verhindern. Abbildung: Helbling 

DPP: Der neue Türöffner zum EU-Markt

Der DPP verändert den Marktzugang in der EU grundlegend. Besonders betroffen sind ressourcenintensive Sektoren wie Textilien, Bauwesen, Stahl, Autoreifen, Elektronik, Möbel, Kunststoffe und Verpackungen. Für Produkte aus diesen Kategorien wird aufgrund ihrer erwarteten Umwelt- und Wirtschaftsrelevanz der DPP priorisiert eingeführt. Der untenstehende Zeitplan zeigt, welche Produkte wann betroffen sind.

Der Batteriepass ist bereits eingeführt und ab 2026 verpflichtend. Ab diesem Zeitpunkt sind sowohl der DPP als auch die regulatorische Konformität Voraussetzung für den Marktzugang. Produkte ohne gültigen DPP werden vom EU-Zoll abgewiesen.
Helbling unterstützt Kunden mit fachkundiger Beratung zu DPP-Anforderungen und deren Implementierung.

Abbildung 2: Enge Zeitachse für die DPP-Einführung verschiedener Produkte. Abbildung: Helbling 

Transparenz ermöglichen: Was ein Digitaler Produktpass enthalten muss

Ein DPP muss im Kern eindeutige Kennungen enthalten, entweder auf Produkt-, Chargen- oder Einzelteil-Ebene. Die konkreten Mindestanforderungen werden derzeit noch von den zuständigen EU-Kommissionen ausgearbeitet. Klar ist bereits: Der genaue Umfang und die technische Ausgestaltung werden vom jeweiligen Produkttyp sowie von dessen Umwelt- und Marktrelevanz abhängen.

Funktional muss der DPP auf einem Informationsträger wie etwa einem QR-Code bestimmte Daten offline bereitstellen. Dazu gehören unter anderem eine Registrierungsnummer, Klassifikationsdaten, Angaben zum Aussteller, eine Herstellerkennung sowie der Produktionsstandort.

Darüber hinaus erweitert eine Online-Komponente den Informationsumfang deutlich. Öffentlich zugängliche Inhalte sollten beispielsweise sein: Benutzerhandbücher, Angaben zu Materialien und deren Herkunft, CO2-Fussabdruck, Energieverbrauch, erwartete Lebensdauer, Reparierbarkeit, Rezyklierbarkeit, das Vorkommen gefährlicher Stoffe sowie die allgemeine Umweltwirkung.

Für bestimmte spezialisierte Nutzergruppen, etwa Reparaturbetriebe, Recycler oder Entsorgungsunternehmen, sind zusätzlich geschützte Datenbereiche mit erweiterten Informationen erforderlich. Diese sensiblen Inhalte sind nur mit entsprechenden Zugriffsrechten einsehbar. Zahlreiche europäische Initiativen arbeiten derzeit an der praktischen Ausgestaltung des DPP. Die zentrale Herausforderung besteht nicht darin, was der DPP leisten soll, sondern wie er in der Breite, über Branchen und Systeme hinweg, tatsächlich umgesetzt werden kann.

 

Nutzen und Herausforderungen für Stakeholder

Der DPP bietet für Unternehmen zahlreiche Chancen: Er schafft mehr Transparenz in Lieferketten und ermöglicht tiefere Einblicke in Produktlebenszyklen. Damit unterstützt der DPP nicht nur die Einhaltung regulatorischer Anforderungen, sondern fördert auch nachhaltige Produktions- und Konsummuster. Zudem festigt er insbesondere durch die neue, direkte Verbindung zwischen Hersteller und Endkundschaft die Grundlage für innovative Geschäftsmodelle wie Product-as-a-Service. Diese stärken wiederum die Kreislaufwirtschaft, etwa durch verbessertes Re-Use, Recycling oder Remanufacturing.

Gleichzeitig ist die Einführung des DPP mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Technisch anspruchsvoll ist insbesondere die Integration in bestehende IT-Landschaften: Unterschiedliche Systeme müssen verbunden, neue Datenformate eingeführt und eine konsistente Datenarchitektur aufgebaut werden. Hinzu kommt die Frage der Datenverantwortung. Der Aussteller des DPP trägt die volle Haftung für die Korrektheit sämtlicher Angaben, auch wenn Teile davon von Zulieferern stammen. Dies erfordert neben technischen Verifikationsmechanismen auch klare rechtliche Regelungen in der Lieferkette.

Ein weiterer kritischer Aspekt ist das Informationsmanagement. So müssen beispielsweise Dokumente wie Bedienungsanleitungen oder technische Spezifikationen, die bislang intern oder in Papierform vorlagen, künftig digital und dauerhaft zugänglich gemacht werden – passgenau auf Modell, Charge oder Seriennummer. Auch die Erhebung und Pflege von ESG-Daten wird gefordert. Gerade bei grossen oder komplexen Produktportfolios stellt dies Unternehmen vor erhebliche inhaltliche und operative Herausforderungen.

Erschwerend kommt hinzu, dass viele regulatorische Anforderungen und technische Standards zum DPP momentan noch nicht final definiert sind. Diese Unsicherheit betrifft nicht nur die Inhalte des Passes, sondern wirft auch Fragen auf bezüglich Dateninteroperabilität, Cybersicherheit und Implementierungskosten. Unternehmen stehen somit vor der Herausforderung, frühzeitig Systeme aufzubauen, deren Zielbild sich noch in der Entwicklung befindet.

Helbling unterstützt Organisationen in diesem Transformationsprozess – von der strategischen Ideengenerierung über die technische Architektur bis zur Analyse des CO2-Fussabdrucks einzelner Komponenten. Damit sollen die Voraussetzungen für eine wirksame und zukunftssichere Umsetzung des DPP erarbeitet werden.

 

Praxiserkenntnisse: Fundament für eine wirksame DPP-Umsetzung schaffen

Die Praxis im Umfeld von DPP beschränkt sich aktuell auf erste Pilotprojekte. Diese zeigen deutlich, worauf es in der Umsetzung ankommt: Ein Grossteil des Gesamtaufwands entfällt auf das Sammeln, Aufbereiten und Strukturieren von Ökodesign-Daten, so auch beim EU-Pilotprojekt mit Burckhardt Compression [1]. Eine zentrale Herausforderung stellt das bislang fehlende Set an standardisierten Datenformaten dar, und das über Branchen hinweg.

Während die finalen Formate aktuell noch nicht verabschiedet sind, betont die Ökodesign-Verordnung (ESPR) die Notwendigkeit der einfachen Zugänglichkeit, insbesondere, um kleine und mittlere Unternehmen (KMU) finanziell nicht zu überfordern. Gleichzeitig bleibt der Datenschutz gerade beim Umgang mit sensiblen Geschäfts- und Kundendaten ein zentrales Thema.

Werkzeuge wie die IDTA Asset Administration Shell ermöglichen bereits heute die generische und strukturierte Erfassung von Lebenszyklusdaten in Form digitaler Zwillinge, eine zentrale Grundlage für DPP-Inhalte. Diese Daten stammen in der Regel aus verschiedenen Systemen wie PLM, MES, ERP oder PIM und müssen systematisch zusammengeführt, harmonisiert und gepflegt werden.

 

Abbildung 3: Konzeptuelle Umsetzung einer DPP-Infrastruktur. Abbildung: Helbling

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In 4 Schritten zum Digitalen Produktpass

Auch wenn die Umsetzung des Digitalen Produktpasses im Vollausbau aufwändig und komplex erscheint, lassen sich erste Schritte mit überschaubarem Aufwand umsetzen und schnell erste Erfolge erzielen. Helbling verfolgt dabei folgenden strukturierten Ansatz:

1. Orientierung schaffen: Verstehen, was der DPP für das eigene Unternehmen bedeutet:

  • Welche Produkte sind betroffen, welche Daten werden benötigt?
  • Welche Daten sind wo im Unternehmen verfügbar?
  • Wer sind die internen und externen Stakeholder?

Ziel dieser Etappe ist eine erste Roadmap, die die wichtigsten Anforderungen, Verantwortlichkeiten und Ziele übersichtlich darstellt und so eine klare Richtung vorgibt.

2. Klein starten: Pilotprodukt wählen und erste DPP-Version für ein Referenzprodukt aufbauen:

  • Verfügbare Daten zusammentragen
  • Struktur und Format des Passes definieren (z.B. Nutzung eines QR-Codes)
  • Erste Quick Wins erzeugen, um Erfahrungen zu sammeln und interne Akzeptanz zu schaffen.

Dieser Schritt zeigt Stolpersteine auf und bringt erste Benefits.

3. Infrastruktur und Datenbasis aufbauen: Die technische Grundlage für eine skalierbare und zukunftssichere Umsetzung schaffen:

  • Einheitliche Datensemantik erarbeiten und mit den Systemen (ERP, PLM, MES, PIM etc.) abgleichen.
  • Governance und Prozesse definieren, um Datenqualität nachhaltig sicherzustellen.
  • Abgestimmte Architektur der IT-Systeme schaffen, um eine Aggregation der Daten zu ermöglichen.
  • Übergreifende Datenstruktur für den DPP entwickeln (z.B. mithilfe einer Asset Administration Shell).

Eine solide, nachvollziehbare Basis der Daten wird die Grundlage, um den DPP auch für grössere Produktportfolios effizient und dauerhaft umzusetzen.

4. Skalieren und kontinuierlich optimieren: Den DPP nachhaltig im Unternehmen verankern:

  • Schrittweise weitere Produkte integrieren.
  • Prozesse und Datenmanagement automatisieren.
  • Mitarbeitendenschulungen durchführen und regulatorische Compliance sicherstellen.
  • Laufend neue Entwicklungen verfolgen und die Systeme entsprechend weiterentwickeln.

Dadurch entsteht ein robuster Prozess, der langfristig sowohl regulatorische Anforderungen erfüllt als auch nachhaltige und digitale Wertschöpfung ermöglicht.

Fachwissen: Interdisziplinäre Kompetenz als Erfolgsfaktor für den DPP

Für die vollständige Umsetzung des DPP stellen sich für Unternehmen diverse Fragen, so zum Beispiel:

  • Wie bestimme ich den ökologischen Fussabdruck meiner gesamten Produktpalette?
  • Welche Daten muss ich erfassen, und in welcher Granularität?
  • Wie verknüpfe ich bestehende Enterprise-Systeme und sonstige Daten effizient zur firmenweiten DPP-Datenquelle?
  • Wie kann ich DPP-Pilotprojekte skalieren, ohne die Gesamtarchitektur zu gefährden?
  • Wie schütze ich sensible Produkt- oder Kundendaten bei gleichzeitigem Offenlegungszwang?

Die Breite der Fragen zeigt: Die erfolgreiche, nachhaltige Umsetzung eines Digitalen Produktpasses erfordert einen fachübergreifenden Ansatz. Vereint werden müssen Kompetenzen einerseits der Fachbereiche von Produktmanagement über Entwicklung, Regulatory bis zu Operations und After Sales Service, andererseits auch solche der Technologie-Seite zu Datenarchitekturen, Systemintegration, nahtloser Digitalisierung von Supply Chains, Produktentwicklung und Produktion.

In der Praxis wird dabei zur hauptsächlichen Herausforderung, die hohe organisatorische Komplexität mit der grossen Kompetenzbreite zu verknüpfen. Der Mangel an spezifischen Fachkräften spitzt die Situation zusätzlich zu.

Um das zu meistern, sind Partner nötig, die alle relevanten Disziplinen abdecken und effektiv zusammenführen. Die Helbling Gruppe bietet diese breite Expertise: Langjährige Erfahrung in der End-to-End-Entwicklung innovativer Produkte und Software-Lösungen vereint sich hier mit hoher Kompetenz in Digitalisierung, Nachhaltigkeitsberatung, Life Cycle Assessment (LCA) und ESG-Strategie.

 

Zusammenfassung: Helblings Kompetenzen ermöglichen einen reibungslosen Übergang zum DPP

Der Digitale Produktpass wird Produktdesign und Lieferketten mit einem klaren Fokus auf Transparenz und Nachhaltigkeit dauerhaft verändern. Für Unternehmen ist die Navigation in der aktuell noch unklaren Anforderungslandschaft sowie die erstmalige Bereitstellung des DPPs mit allen vorgelagerten Aktivitäten eine interdisziplinäre Herausforderung. Um rechtzeitig handlungsfähig zu sein, ist es entscheidend, sich frühzeitig mit den kommenden Verpflichtungen auseinanderzusetzen, eine klare Strategie zu entwickeln und eine realistische Roadmap zu erstellen. So lässt sich die DPP-Umsetzung gezielt, effizient und nachhaltig angehen. Helbling begleitet Sie dabei mit fundierter Erfahrung und praxisnaher Unterstützung.

 

Autoren: Philipp Huber, André Wangler

Hauptbild: KI generiert (Sora, OpenAI)

 

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André Wangler

Schachenallee 29
5000 Aarau

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