Die Vernetzung von Geräten im Eigenheim ist mit dem Apple Home Kit, Amazon Alexa oder Google Home allgegenwärtig. Aber so unterschiedlich wie die Hersteller sind auch die verwendeten Kommunikationstechnologien der einzelnen Systeme. Das widerspricht dem Grundgedanken des Internet of Things (IoT), alle Objekte miteinander zu vernetzen. Abhilfe schaffen soll der neue Matter-Standard, welcher unter anderem durch die grossen Player Google, Apple, Amazon oder Samsung vorangetrieben wird. Helbling-Fachleute haben diesen Trend im Blick und schätzen den Nutzen ab, wenn sie für Kunden Lösungen und Produkte entwickeln.
IoT fördert Nachhaltigkeit
Smart-Home-Systeme haben eine breite Funktionspalette und ermöglichen zum Beispiel, in der Hausautomatisierung Produkte per Sprache zu steuern. Helbling entwickelt für zahlreiche Kunden Innovationen in diesem Bereich, bei denen entscheidende Marktvorteile entstehen. Das bezieht sich auch auf die Nachhaltigkeit – einen Aspekt, der für die Gesellschaft immer wichtiger wird. Die Kommunikation von elektronischen Einrichtungsgegenständen untereinander, die smarte Steuerung selbiger sowie die Möglichkeit, Geräte via Smartphone fernzusteuern, bietet das Potenzial, den elektrischen Gesamtenergieverbrauch zu optimieren. Das zeigen folgende Beispiele:
- Strom sparen: Die Smart Home App macht darauf aufmerksam, dass in der Wohnung das Radio läuft, obwohl die Bewohner verreist sind.
- Eigenverbrauch: Der Geschirrspüler läuft erst an, wenn genügend Strom von der eigenen PV-Anlage zur Verfügung steht.
- Passive Kühlung: Die Storen schliessen automatisch, wenn die Sonneneinstrahlung eine gewisse Intensität überschreitet.
Für Helbling als Innovationsdienstleister im Bereich Smart-Home ist es wichtig, Trends zu erkennen und sich mit den entsprechenden Technologien wie zum Beispiel Matter frühzeitig auseinanderzusetzen. Dies, zumal die Interoperabilität der Geräte verschiedener Hersteller bisweilen umständlich umsetzbar war. Das gilt erst recht in Bezug auf Haushaltsgeräte, Licht und die Klimatisierung inklusive Heizung, Kühlung oder Storen.
Matter ist vielversprechend
Die Connectivity Standard Alliance (CSA) hat sich zum Ziel gesetzt, Standards im Bereich der Vernetzung von Geräten zu etablieren. Gestartet im Jahr 2007 mit der ersten Version von ZigBee wurde ein wichtiger Standard in der Beleuchtungs- und Energieindustrie geschaffen. Dieser wird bis heute in Smart-Home-Anwendungen wie zum Beispiel bei Philips Hue oder dem Amazon-Echo-Smart-Lautsprecher eingesetzt. Obwohl mit ZigBee ein Standard zur Verfügung steht, gibt es nur wenige Systeme, die direkt mit hersteller- oder artenfremden Geräten funktionieren.
Mit Matter will die CSA eine vereinheitlichte Sprache aller Geräte im Haushalt definieren und somit ein einheitliches Ökosystem schaffen. Mitgedacht werden unter anderem Heizung, Licht, Beschattung, Musik und Zutritt. Dies bringt mitunter den Vorteil, dass nicht für jedes Subsystem ein eigenes Gateway oder ein Hub benötigt wird. Da genau spezifiziert ist, was die Eigenschaften und was der Funktionsumfang eines Produktes sind, wird die Aufgabe für Systemintegratoren einfacher. Um eine möglichst reibungslose Integration jedes Geräts sicherzustellen, fordert Matter für jedes Produkt eine entsprechende Zertifizierung und Registrierung. Im Feld können so nur geprüfte Geräte in ein Matter-Ökosystem eingebunden werden.
Noch nicht am Ziel angekommen
Nach dem ersten Matter-Release im November 2022 wurde erwartet, dass in den anschliessenden Monaten verschiedene kompatible Produkte auf den Markt kommen. Gemäss der CSA wurde in den ersten Monaten für mehrere hundert Produkte eine Zertifizierung ausgestellt. Eine detaillierte Analyse hat gezeigt, dass primär Leuchtmittel und schaltbare Steckdosen zu den zugelassenen Produkten gehören. Wieso Leuchtmittel und Steckdosen? Erstens wurden wie bei der ZigBee-Entwicklung anhand der Beleuchtung (Ein/Aus und Dimmer) die Spezifikation aufgezogen und Beispiel-Applikationen geschaffen, welche von den Chip-Herstellern zu Verfügung gestellt und bereits vorzertifiziert wurden. Diese Beispiel-Applikationen eignen sich, um schnell kompatible und zertifizierbare Produkte zu entwickeln. Zweitens, und das ist der wichtigere Punkt, ist der Beleuchtungssektor einer der wichtigsten innerhalb des Smart-Home-Umfelds.
Die Vielfalt an Lampen ist gross und gemäss den Zertifizierungsrichtlinien von Matter muss jede Modellvariante eine eigene Zulassung erfahren. Die damit verbundenen Kosten hindern heute viele Unternehmen daran, ihre Produkte Matter-kompatibel anzubieten. Auf Seiten der Systemintegratoren sind Google, Apple und Amazon die Vorreiter und bieten «works with Matter»-Lösungen an.
Das Produkt-Portfolio ist noch überschaubar
Ein Blick auf die Roadmap von Matter-kompatiblen Geräten zeigt, dass sich einige neue Produkte in Entwicklung befinden. Insbesondere im Bereich der Sicherheitstechnik in Bezug auf Türen, Tore oder Fenster und in der Klimatisierung etwa bei Thermostaten und Klimaanlagen zeigt sich Dynamik. Für viele Gerätekategorien wie Kühlschränke, Waschmaschinen, Backöfen, Staubsaugroboter oder Heizungen sind hingehen noch keine Ansätze zu erkennen, den Matter-Standard zu etablieren.
Mittels sogenannter Matter Bridges behelfen sich einige bereits etablierte Smart-Home-Anbieter wie zum Beispiel Philips Hue, ihre existierenden Produkte von einer Matter-fremden Technologie in ein Matter-System zu integrieren.
Was braucht der Markt?
Schaut man sich Demo-Applikationen an, so soll es in naher Zukunft möglich sein, einen Grossteil der elektrischen Geräte im Haushalt via Matter und einer einzigen App steuern zu können. Angedachte Use-Cases zeigen, wie man mit dem Smartphone den Staubsaugroboter von unterwegs einschaltet oder man einen Hinweis bekommt, wenn die Kühlschranktür offensteht. Ob das vom Markt gefordert wird und aktiv zu einem Kaufentscheid beitragen wird, wird die Zukunft zeigen.
Fakt ist, dass die Märkte regional verschiedene Anforderungen mit sich bringen. So sind die funktionalen Anforderungen einer smarten Türe in den USA anders als in Europa. Exemplarisch treten diese unterschiedlich wahrgenommenen Kundenbedürfnisse beim Apple Home Kit zu Tage, welcher sich sehr deutlich an amerikanischen Marktbedürfnissen orientiert. Das macht es den europäisch ausgerichteten Herstellern schwer, ihre vernetzten Produkte vollumfänglich in das Apple Home Kit zu integrieren. Anders bei Matter, welches global orchestriert und demokratisch weiterentwickelt wird. Werden für eine Applikation genügend interessierte Parteien gefunden, so wird diese bei der Entwicklung von neuen Features zukünftiger Matter-Versionen berücksichtigt.
Wann ist Matter ein Standard?
Der heutige Matter Standard weist noch einige Lücken im Sinn der Breite möglicher Applikationen auf. Eine Erweiterung des Funktionsumfangs respektive der unterstützen Produktekategorien ist ein langwieriger Prozess. Bei diesem müssen nebst der Matter-Spezifikation auch noch Testpläne und -tools für das Zertifizierungsprogramm erstellt und Beispielapplikationen in Form eines Software Development Kits (SDK) zu Verfügung gestellt werden. Nach der Freigabe der Spezifikation dauert es lange, bis die Entwicklung und Zertifizierung der Produkte umgesetzt ist. Die Chancen stehen jedoch gut, dass wir in ein paar Jahren umgeben sind von Matter-fähigen Geräten. Dabei zeichnet sich noch nicht ab, ob sich Matter als ein für den Kunden erkennbares Produktemerkmal durchsetzen wird, wie beispielsweise Bluetooth oder WiFi, oder ob es ein im Hintergrund eingesetzter Standard bleibt, welcher dem Kunden als «kompatibel mit…» angepriesen wird.
Was bietet Matter auf der technischen Seite?
Der Matter-Standard erfüllt neben der Standardisierung der sogenannten Cluster auch eine wertvolle Aufgabe zur Standardisierung der Kommissionierung und Kommunikation innerhalb eines sogenannten Fabrics (siehe Factbox).
Bezüglich der zukünftigen Kompatibilität und Sicherheit mit dem Matter-Standard ist wichtig, dass jedes Gerät einen sogenannten Private Key besitzt, welcher den Anforderungen von Matter genügt. So fordert Matter, dass der Private Key mittels eines Deterministic Random Bit Generators und einem True Random Number Generator gemäss nist.gov erzeugt wird.
Werden diese Anforderungen gemäss Matter umgesetzt, können die gleichen Konzepte auch für Cloud Device Provisioning Services wie etwa hier verwendet werden.
Zusammenfassung: Eine Matter-Integration bedarf einer intensiven Abklärung
Unabhängig davon, ob sich ein Hersteller entscheidet, den Matter-Standard vollumfänglich umzusetzen, kann es aus zwei Gründen Sinn machen, die Konzepte des Standards zu verwenden. Erstens wird so eine künftige Kompatibilität mit dem Matter-Standard sichergestellt und zweitens die Sicherheit des Systems garantiert, indem bewährte Konzepte genutzt werden. Dabei lohnt es sich nicht für alle Anwendungen, den komplexen Prozess hin zu einer Matter-Kompatibilität auf sich zu nehmen. Helbling-Fachleute unterstützen dabei, das Potenzial abzuklären. Und falls ein Unternehmen sich dafür entscheidet, begleitet Helbling nicht nur die Entwicklung, sondern mit entsprechender Infrastruktur auch die Zertifizierung.
Autoren: Lukas Wilhelm, Aaron Riedener
Hauptbild: DALL-E